Mit Blick auf ein Naturschutzgebiet, eingebettet in ein gewachsenes Wohnviertel in einem Ortsteil von Reutlingen erfüllte sich eine junge Familie ihren Wohntraum. Das dreigeschossige Wohnhaus mit ausgebautem Dachgeschoss und einer separaten Einliegerwohnung besticht nicht nur durch seine klare Kubatur mit der asymmetrischen Dachform, sondern auch durch die puristische Materialwahl und die durchdachte Konstruktion, denn das Haus besteht außen und innen aus Betonfertigteilen.
Ein Architekt aus Reutlingen plante ein modernes, energieeffizientes Einfamilienhaus mit einer separaten Wohnung zur Vermietung. Seine Lust, mit dem Baustoff Beton zu gestalten, spürt man in diesem Haus in jedem Winkel. Auf dem 600 Quadratmeter großen Baugrundstück in Hanglage realisierte er das Wohnhaus komplett in Sichtbeton. Viel Überzeugungsarbeit musste der Architekt bei dem Bauherrn nicht leisten, denn der Bauherr ist selbst als Bauberater bei einem großen Betonfertigteilhersteller tätig und kennt daher die Vorzüge des massiven Baustoffs. So war schnell klar, dass in der Baulücke mit freiem Blick auf ein Naturschutzgebiet ein Haus mit Thermowänden aus Beton entstehen sollte.
Das Haus präsentiert sich zur Straßenseite nach Süden hin mit nur zwei Geschossen und verbirgt das dritte untere Geschoss im Hang. Auf der 12 x 11 Meter großen Grundfläche wurden alle Außenwände mit einzelnen Thermowänden ausgeführt. Erst der seitliche Blick gibt die wahre Größe preis und zeigt den feinen Sichtbeton über die gesamte Höhe. Die erste Idee eines Flachdachs wurde aufgrund des Bebauungsplans verworfen. Daher stellt nun die steiler geneigte Südseite in ihrer Höhe den Bezug zur Nachbarbebauung her, die flacher geneigte Nordseite des Dachs leitet sich von der Topographie des Hanggrundstücks ab und symbolisiert den fließenden Übergang des Gebäudes zu den angrenzenden Obstwiesen und Feldern.
Fassade und Wand sind eine monolithische Einheit – dank der Thermowand aus Beton. Die 42 Zentimeter Thermowand besteht aus einer vorgefertigten sieben Zentimeter starken Innenschale, einer sieben Zentimeter starken Außenschale sowie und einer 16 Zentimeter dicken Dämmung aus Phenolharz der Wärmeleitgruppe 022. Das Innere der Thermowand ist mit Ortbeton verfüllt, sodass ein massives Bauteil entsteht. Der gewünschte Standard KfW-Effizienzhaus 55 konnte so problemlos eingehalten werden. Die dunklen Fugen der grauen Sichtbetonfassade sind mit den anthrazitfarbenen Alu-Holz-Fenstern abgestimmt und ergeben zusammen mit der Dacheindeckung ein stimmiges Gesamtbild. Nachdem der Bauherr die Fassade nach ihrer Fertigstellung von Baustellenverschmutzungen gereinigt hatte – die fast schon liebevolle Behandlung der Gebäudeaußenhaut mit der Wurzelbürste offenbart die Lust auf Beton –, wurde sie anschließend zweimal nass in nass hydrophobiert.
Der Innenbereich erschließt sich über ein zentrales Treppenhaus, in dem sich der zurückhaltende Materialmix fortsetzt: Die roh belassene Betontreppe und das Treppenhaus in Sichtbeton harmonieren hier ebenfalls mit dem Anthrazit des pulverbeschichteten Treppengeländers. Gleichzeitig gliedert der Treppenhauskern den Wohnbereich über alle drei Etagen, in denen dank weniger Zwischenwände ein großzügiges Raumgefühl entsteht. Aufgrund der großen Räume und Fensterflächen waren aus statischen Gründen einige wenige tragende Betonwände im Inneren notwendig. Die restliche Raumaufteilung führte der Schreiner ideenreich in Holz aus. So trennt zum Beispiel ein Einbauschrank aus Holz die Kinderzimmer. Das dunkle Holzparkett und die Einbaumöbel in Kombination mit dem Sichtbeton sorgen für Behaglichkeit.
Eine Fußbodenheizung, die ihre Heizenergie über eine Wärmepumpe bezieht, versorgt die insgesamt 320 Quadratmeter große Wohnfläche mit behaglicher Wärme. Die Dreifach-Isolierverglasung und die gute Wärmespeicherung von Beton als Wandbaustoff in Verbindung mit der hochwertigen Dämmung sorgen für ein angenehmes Raumklima ohne große Temperaturschwankungen. Der Bauherr schwärmt: „Das Raumklima im Winter und im Sommer ist wunderbar. Wir können zwar mit der Wärmepumpe auch kühlen, die Technik haben wir aber bisher nicht genutzt, da es im Haus noch nicht so warm war – und das bei diesem sehr heißen Sommer 2018.“
Aufgrund der präzisen vorgefertigten Bauteile und der Logistik konnten vier Mitarbeiter ein Geschoss innerhalb eines Tages aufbauen. Nachdem morgens die Wände gestellt wurden, hat der Kran die Decken und die Fertigteiltreppe des jeweiligen Geschosses reingehoben. In nur neun Monaten war das Haus bezugsfertig. Seit dem Sommer 2016 genießt die Bauherrenfamilie das behagliche Klima in moderner Architektur und das mit einer grandiosen Aussicht ins Grüne.