01.03.2019

Begrünte Wohntürme

Modulare Fertigteilbauweise für Wohnhochhaus in Südtirol

Im städtebaulichen Erweiterungsgebiet in Bozen sind drei ökologisch durchdachte Wohntürme im italienischen KlimaHaus-Standard A nature entstanden. Eines der  drei Hochhäuser in den Grieser Auen realisierte das Südtiroler Bauunternehmen Moser Bau bis in den obersten Stock mit vorgefertigten Bauelementen von Progress.

Auch in Italien steht das Thema Wohnen oben auf der Agenda. Single-Haushalte, mehr Platzbedarf des Einzelnen, Zuzug in wirtschaftlich starke Zentren, kurzum eine veränderte Demographie, erfordert die Reaktion von Städten und Kommunen. So entwickelt sich auch in Bozen in den Grieser Auen ein Erweiterungsgebiet für Wohnen auf Grundlage eines städtebaulichen Plans, den Architekt Augusto Visintini im Auftrag der Stadt erstellt hat. Sein Büro Work Architects in Bozen hat auch den Entwurf für drei Wohnhochhäuser gemacht, deren Gestaltung beispielhaft für eine komplexe  und komprimierte Bauweise sein kann. Bozen ist nicht Mailand, aber als Reminiszenz an das bekannte, vertikal begrünte Wohnhochhaus von Stefano Boeri lässt sich die Südtiroler Spielart durchaus verstehen. Die vielschichtigen Fassaden und differenziert angeordneten Terrassen der Wohntürme in Bozen sehen auch vertikal die üppige Begrünung mit Pflanzen bis in die oberen Geschosse vor. Die Bauten zeigen, in welcher Gestalt eine lebenswerte grüne, gleichzeitig verdichtete Stadtzukunft erscheinen kann. Die Hochhäuser stehen inmitten einer autofreien Fläche, die gleichwohl urban mit gartengestalterischem Geschick, Kinderspielplätzen und hohem Aufenthaltswert geformt ist. Da das Neubaugebiet an eine landwirtschaftlich genutzte Zone grenzt, seien die mit hohen Anforderungen an Energieeffizienz geplanten Hochhäuser auch in Bezug auf ihren Flächenbedarf optimiert geplant worden, erläuterte Architekt Augusto Visintini. Die hohen Baukörper wurden so konzipiert, dass ihre Baumasse eher schlank ist, möglichst wenig  und nur kurzzeitig Schatten auf die Freiflächen wirft.

Zertifizierte Bauweise

Die Vorgaben des Stadtrates für das neue Wohngebiet in Bozen sahen eine weitgehend klimaneutrale Zone mit äußerst energieeffizienten Wohnbauten vor. So entsprechen  die Hochhäuser in den Grieser Auen der italienischen Nachhaltigkeitszertifizierung KlimaHaus-Standard A nature, was energetisch etwas über dem KFW 40- Standard in Deutschland liegt. Das Qualitätssiegel für nachhaltiges Wohnen zertifiziert ein Haus jedoch nicht nur nach seiner Energieeffizienz, sondern auch hinsichtlich der Auswirkungen auf die Umwelt, die Gesundheit und das Wohlbefinden seiner Bewohner, so wird auf Schutz vor Radon und auf natürlichen Tageslichteinfall Wert gelegt. Das Siegel beinhaltet auch eine transparente und nachvollziehbare Bewertung der Nachhaltigkeit von Baumaterialien und -systemen. Bewertet wird ein angenehmes und gesundes Raumklima sowie die Qualität der Innenluft und, besonders wichtig im Mehrgeschosswohnungsbau, auch der akustische Komfort, sprich die gute Schallisolierung der einzelnen Wohneinheiten.

Wohnhochhaus aus vorgefertigten Betonelementen

Wohnen im Hochhaus ist in Deutschland zweifach und in genau gegensätzlicher Weise konnotiert. In jüngerer Zeit wird damit exklusives Wohnen in teuren Penthaus-Suiten verbunden, aus den 60iger bis 80iger Jahren des vergangenen Jahrhunderts dagegen ein verdichteter Massenwohnungsbau mit monotonen sowie architektonisch, sozial und energetisch fragwürdigen Ergebnissen. Dass es auch anders geht, zeigt das Hochhaus, das Moser Bau in Bozen unlängst realisiert hat. Dieses Hochhaus wurde mit energetisch optimierten Betonfertigteilen zügig und damit auch kostengünstig für den Mietwohnungsbau erstellt. Da diese Elemente in den Produktionshallen des Unternehmens Progress vorgefertigt wurden, ist der Bauablauf genau planbar, wetterunabhängig und geht wesentlich einfacher vonstatten, als eine konventionelle Stahlbetonbauweise. Insgesamt lassen sich dadurch auch Ressourcen und Energien am Bau einsparen. Das Gebäude ist mit Thermowänden und Klimadecken ideal auf die Vorgaben der geforderten energieeffizienten und klimaneutralen Bauweise abgestimmt. Gemäß der Vorgabe des Architekten erhielt der elfgeschossige Stahlbetonbau eine abschließende vorgehängte hinterlüftete Fassade mit einer Bekleidung aus HPL Platten. So unterscheidet sich das mit Betonfertigteilen errichtete Hochhaus architektonisch nicht von den beiden benachbarten Wohnhochhäusern, die konventionell geschalt, bewehrt, betoniert und gedämmt wurden.

Thermowand: Doppelwand mit integrierter Dämmung

Man entschied sich bei diesem Mietwohnungsbau für Thermowände, die in Deutschland unter dem Namen SySpro von verschiedenen Herstellern angeboten werden. Eine Thermowand ist ein im Fertigteilwerk produziertes Wandelement, das aus zwei wärmebrückenfrei miteinander verbundenen Stahlbetonscheiben mit innen liegender Wärmedämmung besteht. Vor Ort werden diese Elemente noch ausgegossen. Die Außenschale der Wandelemente ist porenarm und durch die Produktion in der Metallschalung sehr glatt, so dass moderne Architekten wie etwa Kobler Architekturen aus Zürich SySpro Thermowände auch schon in ihrem natürlichen, betonbelassenen Zustand in ihre Projekte eingeplant haben. Bei Thermowänden bietet die äußere, nicht tragende Stahlbetonscheibe den mechanischen Schutz für die Wärmedämmung. Die statische Bewehrung, gemäß individueller Anforderungen des Bauwerks, wird von der Kombination von Innenscheibe und aussteifendem Ortbetonkern übernommen. Nach der Montage der Elemente auf der Baustelle und dem Aushärten des Betons ergibt sich ein statisch monolithisches Wandsystem.

Beim Bau mit Betonfertigteilen von Progress ist also nicht nur der Arbeitsablauf zügiger, die Baustelle bleibt weitgehend frei von Baumaterial, auch verschiedene Arbeitsabläufe entfallen ganz; etwa das nachträgliche Dämmen. In den bis zu 50 Zentimeter starken Progress Thermowänden lassen sich je nach energetischen Anforderungen Isolierungen von 8 bis 20 Zentimeter Stärke einplanen. Dadurch sind die geforderten Energiestandards bis hin zum Passivhaus oder Energie + Haus problemlos möglich.

Klimadecken zum Heizen und Kühlen

Neben den Thermowänden übernimmt in Bozen die Green Code Klimadecke von Progress einen wesentlichen Anteil an der energetischen Effizienz und dem behaglichen Klima des Mietwohnungsbaus. Analog zum Prinzip einer Fußbodenheizung erfolgt bei dieser Art zu heizen die Wärmeabstrahlung von den Decken, die über integrierte Rohre auf eine Oberflächentemperatur von 26 Grad erwärmt wird. Gegenüber Konvektionsheizungen kann die gemessene Lufttemperatur bei solchen Wärmewellenheizungen um 3 Grad geringer eingestellt bleiben und erzielt den gleichen Wohlfühlaspekt. Im Sommer funktioniert das Prinzip umgedreht, kühles zirkulierendes Wasser nimmt überschüssige Wärme  auf und transportiert sie ab.

Produktion und Anlieferung "just in time"

Ausgereifte, verlässliche CAD-Pläne sind die Grundlage für die computergestützte Produktion im Werk. Hier liefert der Schweißroboter just in time maßgenaue Bewehrungen. Mit Unterstützung von Lasern und Schalungsrobotern – aber auch mit viel handwerklicher Erfahrung – wird die Bewehrung und Dämmung zusammen mit Heizleitungen, Leerrohren und Aussparungen auf den Schalungspaletten verlegt, mit Beton vergossen und verdichtet.  So lässt sich die gesamte Haustechnik in Abstimmung mit den ausführenden Betrieben, schon werkseitig integrieren oder für die Installation vorbereiten. Zum Aushärten werden die Elemente mitsamt Schalungspalette in Trockenkammern unter optimalen Temperaturen zwischengelagert. So erreicht der Beton sicher seine berechnete Tragfähigkeit. Die Witterung spielt keine Rolle.  Auf der Baustelle in Bozen wurden die passgenauen Bauelemente in perfekter Qualität angeliefert und von Moser Bau zügig montiert.

Vorfertigung und individuelle Architektur

Bauten mit vorgefertigten Wand- und Deckenelementen werden individuell nach den Vorgaben des Architekten und den Anforderungen des Bauherrn ausgeführt. Vorteil ist, dass alle Elemente bereits werkseitig intelligent und in vielfältiger Weise mit technischen Elementen ausgerüstet werden können. Voraussetzung ist die exakte Planung im Vorfeld. Bei Progress und den deutschen Herstellern von SySpro Präzisionsbauteilen aus Beton stehen dem Architekten schon frühzeitig versierte Techniker zur Seite. So lassen sich alle Möglichkeiten ausschöpfen, die Bauprozesse unter wirtschaftlichen Aspekten zu optimieren. Die Fertigstellung des Gebäudes kann auf diese Weise sehr zügig und termingerecht erfolgen.


Projektbeteiligte (Auswahl)

Standort
Bozen, IT
Bauherr
Moser Bau GmbH, Sarnthein, IT
Architektur
Work Architects, Augusto Visintini
Gebäudeenergiestandard
KlimaHaus-Standard A nature (~ KfW 40)
Autorin
Susanne Ehrlinger

Eingesetzte SySpro Bauelemente


Ausführung durch


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